Heiligste Dreifaltigkeit in Wermingsen
In unmittelbarer Nachbarschaft der ev. Erlösergemeinde steht seit 1958 die Kirche „Heiligste Dreifaltigkeit“ im Iserlohner Stadtteil Wermingsen in der Schulstraße. Wenn man vom „Wiesengrund“ aus zur Kirche hochschaut, hat man den Eindruck, der Bug eines Schiffes tritt aus der Dünungswelle hervor. Das Schiff ist ein sehr altes Symbol für die Kirche. Mit Christus sind die Christen unterwegs im Meer der Zeit. Das Ziel, der Hafen, ist die Ewigkeit. Ob der Architekt bei der Planung der Kirche daran gedacht hat?
Im Schiff, das sich Gemeinde nennt, fragt man sich hin und her:
Wie finden wir den rechten Kurs zur Fahrt im weiten Meer?
Der rät wohl dies, der and’re das, man redet lang und viel
Und kommt – kurzsichtig, wie man ist – nur weiter weg vom Ziel.
Doch da, wo man das Laute flieht und lieber horcht und schweigt,
bekommt von Gott man ganz gewiss den rechten Weg gezeigt.
(Schwerter Liederbuch Nr. 181, 4. Strophe)
Nach dem 2. Weltkrieg war die Einwohnerzahl in Iserlohn sehr schnell gestiegen. Im Osten von Iserlohn siedelten sich viele Katholiken aus Schlesien und dem Ermland an. Deshalb plante man schon bald eine eigene Kirche für Wermingsen. Der erste Spatenstich erfolgte am 8. 9. 1957, zur Grundsteinlegung kam es am 6. 4. 1958, am Dreifaltigkeitsfest 1958 war Richtfest und am 1. Adventssonntag 1958 weihte der Erzbischof von Paderborn Kardinal Jaeger die Kirche ein. Seit Ostern 1960 erschallen mehrmals am Tag vom Turm vier Glocken. Sie tragen die Aufschrift: 1. „Den Toten und Gefallenen zum Gedächtnis“, 2. „Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, die Liebe Gottes des Vaters und die Gemeinschaft des Hl. Geistes sei mit uns allen“, 3. „St. Hedwig, Schutzpatronin des ostdeutschen Landes“ und 4. „Maria, Königin des Friedens“..
Architekt der Kirche ist Otto Weicken aus Unna. Er plante einen Grundriss in Form einer doppelten Parabel – einer engeren für das hohe Mittelschiff und einer weiteren für die niedrigen Seitenschiffe. Das zentriert den Blick und die Aufmerksamkeit des Herzens auf den Brennpunkt der Parabel: den Altar, auf dem wir die Mitte unseres Glaubens feiern. Traditionell ist in einen Altar eine Reliquie eingelassen. Das erinnert an den frühchristlichen Brauch, Kirchen über Märtyrergräbern zu errichten. In diesem Altar wurden Reliquien der Heiligen Gregor, Orosius und Titus Diakonus eingemauert.
Im Scheitelpunkt des Altarraumes befindet sich der mit Gold und Bergkristallen verzierte Tabernakel. Er wurde von demMendener Künstler Ulrich Langohr gestaltet.
Über dem Tabernakel an der Wand hängt das Kreuz, das wichtigste christliche Symbol und Zeichen für das Leiden und Sterben Jesu, zugleich aber auch ein Zeichen der Hoffnung für die Menschen: So wie Jesus nicht im Tod geblieben ist, so werden auch wir nach dem Tod weiterleben bei Gott. Dieses Kreuz ist eine Florentiner Spätrenaissancearbeit (Ende des 16. Jahrhunderts).
Der schlichte Altarraum wird vom farbigen Licht zweier Hochfenster durchflutet, die bei Sonnenlicht ihre Faszination voll entfalten. Sie wurden von der Iserlohner Künstlerin Irmgart Wessel-Zumloh entworfen. Im Fenster auf der Südseite hat sie sich mit dem Mysterium der Heiligsten Dreifaltigkeit auseinander gesetzt: „Gott teilt sich den Menschen mit“. Ausgehend von einer waagerechten kleinen Ellipse oben, eine Andeutung des göttlichen Augensymbols, verbreiten sich „pulsierende Ströme“ und vollenden sich in einem Kreis, und von dem ausgehend noch einmal in gedämpfteren Farben in einem zweiten Kreis bis zum unteren Fensterrand.
Im Nordfenster hat sie die drei göttlichen Tugenden Glaube, Hoffnung und Liebedargestellt. Die senkrechten Farbbänder in blau, grün und rot ziehen vom Erdengrund himmelwärts, symbolisieren in ihrer Richtung das rastlose Höherstreben zu Gott, das zuversichtliche Verlangen nach dem ewigen Heil. Die Fenster der Krypta (sie befindet sich unter dem Altarraum) sind in die jeweilige Komposition einbezogen.
Für jetzt bleiben
Glaube, Hoffnung, Liebe,
diese drei;
doch am größten unter ihnen
ist die Liebe.
(1 Kor 13, 13)
Frau Wessel-Zumloh hat noch ein rundes Fenster konzipiert, das im Beichtzimmer betrachtet werden kann. Hier dominieren bewegte blau-grüne Farbströme auf weißem Grund, Wasser als Symbol des Lebens assoziierend. In ihnen verbergen sich, über das ganze Rund verteilt, sieben Motive, Symbole der heiligen Sakramente. Wir erkennen den Kopf einer Taube (Taufe und Krankensalbung), einen Finger (Firmung), zwei in klerikaler Tracht gekleidete Menschen (Priesterweihe), eine Stola und ein Schlüssel (Bußsakrament), zwei goldene Ringe (Sakrament der Ehe) und über allem Fisch und Brotlaib (Eucharistie).
Im nördlichen Seitenschiff befindet sich das Relief „Pfingstwunder“ aus der Kunstschule von Maria Laach. Es zeigt die Herabkunft des hl. Geistes in Gestalt von Feuerzungen auf Maria und die zwölf Apostel. An ihrer Gestik und Mimik ist abzulesen, wie heftig er sie alle bewegt hat. Zugleich deutet die kreisförmige Anordnung der Personen an, dass sie das Urbild von kirchlicher Gemeinschaft sind.
Sende uns, Herr, deinen Geist,
denn nur er kann die Erde erneuern,
nur er kann die Selbstsucht aufbrechen,
nur er kann uns helfen,
eine menschlichere, eine christliche Welt aufzubauen.
(Gotteslob 7, 5)
Vor diesem Bild und in Beziehung dazu steht der Taufbrunnen aus mächtigem Anröchter Stein mit einem Bronzedeckel, auf den der Mendener Künstler Wilhelm Hausmann die Symbole der Heiligsten Dreifaltigkeit geformt hat. Im Namen des Vaters (die Hand), des Sohnes (das Kreuz) und des heiligen Geistes (die Taube) wird der Täufling getauft. Durch die Taufe werden wir in die Sünden vergebende und Leben spendende Gemeinschaft mit dem dreifaltigen Gott aufgenommen und damit in die Gemeinschaft der Kirche als Volk Gottes eingegliedert. 2002 hat der Künstler Theo Sprenger aus Brilon eine Jesusfigur am Rande des Taufbrunnes angebracht, aus dessen rechter Hand bei der Tauffeier das Wasser in das Becken fließt, denn Jesus ist der eigentliche Spender der Taufe. An der Decke über dem Taufbrunnen befindet sich noch ein kleines Fenster, das von dem Iserlohner Maler Wilhelm Wessel, Ehemann von Frau W.-Z., geschaffen wurde. Es beleuchtete den Tabernakel, der hier früher seinen Platz hatte.
Im südlichen Seitenschiff befindet sich eine Madonna mit Kind, die der Künstler Heinrich Erlenkötter aus Wiedenbrück aus Holz geschnitzt hat. Wir sehen Maria, die uns Jesus, ihren Sohn, zeigt. Die Botschaft, die von diesem Kunstwerk ausgeht: Maria will den Menschen deutlich machen, wer der Messias, der König und Erlöser der Welt ist. Maria ist für alle Katholiken ein Vorbild im Glauben und in der Liebe. Die Gläubigen rufen sie an als Fürsprecherin, Helferin und Beistand. Sie trägt ihrem Sohn die Nöte der Menschen vor. Das Anzünden einer Kerze begleitet das Gebet.
Maria, du warst in deinem Leben ganz auf Gott ausgerichtet.
Hilf uns, zu hören wie du - die Botschaft des Herrn für uns.
Hilf uns, zu glauben wie du - an den lebendigen und erfahrbaren Gott.
Hilf uns, zu vertrauen wie du - mit einem sehenden Herzen.
Hilf uns, zu lieben wie du - behutsam und bewahrend.
Hilf uns, Unbegreifliches anzunehmen wie du - in großer Zuversicht.
Hilf uns, zu warten wie du - mit bereitem Herzen, mit offenen Augen und Ohren
und einerwachen Seele.
Maria, Mutter des Herrn, hilf uns, zu glauben wie du.
(Gotteslob 676, 4)
Quellen:
Schätze Iserlohner Kirchen von Karl-Heinz Ohly
Ein starkes Stück Kirche - Dekanat Iserlohn
Festschrift zur Feier 250 Jahre katholische Kirche Iserlohn
Festschrift zu Feier 25 Jahre Pfarrgemeinde Hl. Dreifaltigkeit
Pfarrbrief November 1998 der Pfarrgemeinde Hl. Dreifaltigkeit
- 40 Jahre gemeinsam unterwegs - um Gottes willen -
Festschrift zur Feier 50 Jahre Hl. Dreifaltigkeit
- Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt ... -
zusammengestellt durch Hedwig Franz
Denkmalschutz für Heiligste Dreifaltigkeit
Mit Bescheid 00608-19-24 vom 28.11.2019 teilt uns die Stadt Iserlohn (Abteilung 61/1,Bauaufsicht und Denkmalpflege) mit, dass die Katholische Pfarrkirche Heiligste Dreifaltigkeit Iserlohn, Schulstraße 33, Gemarkung Iserlohn, Flur 91, Flurstück 290, als Baudenkmal in die Denkmalliste der Stadt eingetragen wurde.
Denkmalumfang
Das Denkmal umfasst das gesamte Innere und Äußere des Kirchengebäudes mit Turm (Glocken) und Seitenflügeln im Untergeschoss. Nicht zum Denkmal gehört die Orgel von 1992.
(Auszug aus dem Denkmalschutzgesetz)
Beschreibung des Denkmals
Kurzcharakteristik
Am Osthang des Wiesengrundes erhebt sich über parabelförmigem Grundriss die zweigeschossige Kirche. Vom Wiesengrund kann das Gebäude betreten werden, ein Treppenhaus führt in die. Kirche im oberen Stockwerk. Im Untergeschoss befinden sich weiterhin eine Kapelle und Gemeinderäume, die in eingeschossigen Seitenflügeln untergebracht sind. Die Haupteingangsseite der Kirche befindet sich jedoch im Osten.
In einer leicht konvex gebogenen Fassade befindet sich der ebenerdige Eingang zum Kirchenraum. Der hochaufragende Mittelbau wird von flachen Seitenflügeln begleitet. Das Dach der Flügel setzt sich im Mittelteil als Vordach fort. Im Erdgeschoss des Mittelteiles befindet der breitgelagerte Eingang, der von Rundfenstern gerahmt wird. Über dem schmalen Vordach erhebt sich die östliche Abschlusswand des Kirchenschiffes. Der Mittelteil ist mit Betonmaßwerk zugesetzt.
Der Dachabschluss kragt leicht vor. Diese flache Vorkragung läuft um das gesamte Gebäude herum. Der hochaufragende Baukörper hat die Form einer Parabel. Im Erdgeschoss begleiten die Seitenwände flache Anbauten. Im Untergeschoss, das durch die Hanglage freisteht, ragen Flügel nach Norden und Süden. An den nördlichen Flügel schließt der Campanile an. Der freigestellte Chorabschluss wird auf der Nord- und Südseite durch haushohe Fensterbänder belichtet.
Über einen Vorraum betritt man die Kirche. Es öffnet sich ein breiter hoher Raum, dessen Boden zum Chor abfällt, sich parabelfömig verengt und mit einem gerundeten Chor abschließt. Die Seiten sind geöffnet und es schließen sich flache Seitenschiffe an, die in Apsiden enden. Die südliche Außenwand des Seitenschiffes ist mit Betonsteinen zugesetzt, so dass eine diaphane Wand entsteht. Das nördliche Seitenschiff ist im oberen Teil mit einem mit Farbverglasung versehenen Fensterband geschlossen. Der Boden ist mit schwarzen Steinfliesen belegt, die Decke des Mittelschiffes ist mit einer aus rechteckigen, schuppenartig versetzten Platten abgehängt. Der Chor wird durch dreibahnige, ebenfalls farbverglaste Fensterbänder belichtet.
Historische Entstehungsbedingungen
Aufgrund des Zuzuges von katholischen Flüchtlingen nach dem Zweiten Weltkrieg, die überwiegend aus Schlesien kamen, wurde eine weitere Kirche benötigt. Die Flüchtlinge fanden überwiegend Wohnungen in der Schlesischen- und der Schulstraße und die Wege zur Pfarrkirche St. Aloysius waren zu weit. So entschied man sich eine weitere Kirche unmittelbar in der Nähe zu errichten. Hier wurden zunächst in einem Provisorium Gottesdienste abgehalten. Nach einer längeren Planungsphase wurde 1957 der erste Spatenstich vollzogen.
Bezug zum Stadtraum
Die gesamte Kirchenanlage mit Pfarrhaus ist an den steilen Hang des Wiesengrundes gebaut und bekommt dadurch eine große Fernwirkung. Sie ist zudem in die Grünanlage eingebettet und erfährt dadurch eine Freistellung, die ihr in der kleinteiligen Umgebung eine gewisse Würde gibt. Zudem steht sie in Wechselwirkung mit der im Süden der Grünanlage entstandenen evangelischen Kirche.
Umgebungsgestaltung
Wie schon oben erwähnt, steht die Kirchenanlage zum Wiesengrund frei. Nach Osten, am oberen Ende des Hanges, erscheint sie als eingeschossiger, nahsichtiger Bau, der ebenerdig erschlossen wird. Hier ist die Hauptseite des Gebäudes. Auf der Hangseite wirkt das Gebäude hoch, vielteilig und mächtig. Hier entsteht eine eindrucksvolle Kulisse, die auf Fernwirkung abzielt.
Altarzone
Die Altarzone wurde nach dem 2. Vatikanischen Konzil sehr moderat verändert. Es gab wohl eine weitere Altarinsel, die abgetragen worden ist. Heute stellt sich die Altarzone um drei Stufen erhöht dar. Sie wirkt trotzdem auf gleicher Höhe mit den Gottesdienstbesuchern, da der Boden des Kirchenschiffes zum Chor abfällt. Typisch vorkonziliar ist die Altarzone vom „Gemeinderaum" ausgeschieden, aber durch den parabelförmigen Grundriss werden „Gemeinderaum" und Chor zusammengefasst. Der Tabernakel befindet sich zwar nicht mehr auf dem Altar, aber da die Stele, die heute den Tabernakel trägt, unmittelbar dahinter aufgestellt wurde, ist die bauzeitliche Situation noch nach zu empfinden.
Ausstattung
Die Ausstattung wurde nach und nach — wie das in neuen Kirchen übliche ist — in das Gebäude eingebracht. Vor allem die wandfeste Ausstattung wie die Farbverglasungen sind künstlerisch überaus bedeutend. Sie stammen von den ortsansässigen Künstlern Irmgart Wessel-Zumloh und Wilhelm Wessel.
Veränderungen und Sanierungen
Vor allem bei der Ausstattung gab es immer wieder Hinzufügungen, aber grundsätzlich ist die Kirche sehr authentisch überliefert.
Denkmalwertbegründung
Die katholische Pfarrkirche Heiligste Dreifaltigkeit in Iserlohn ist bedeutend für die Geschichte des Menschen, hier für die Stadtgeschichte von Iserlohn, da sie die Nachkriegssituation in Iserlohn und darüber hinaus verdeutlicht. Die geflohenen Menschen aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten veränderten die Bevölkerungsstruktur und damit auch die über Jahrhunderte entwickelte Glaubenszugehörigkeit der Bewohner. So wurden auf einmal in stark protestantisch reformiert geprägten. Regionen katholische Kirchen benötigt. Die hier in Rede stehende Kirche ist eine davon. Sie hat den Geflohenen geholfen, eine neue Heimat zu finden. Dabei entspricht auch die Architektursprache einem Neuanfang.
Für die Erhaltung und Nutzung liegen wissenschaftliche, hier architekturgeschichtliche Gründe vor. Sie steht in der Architektur der zweiten Hälfte der 1950er-Jahre im Erzbistum Paderborn für eine dynamische Architektur mit landschaftlicher Einbettung. Der keilförmige Grundriss, der Verzicht auf Lochfenster und die flachen Dächer ergeben zusammen mit dem Campanile auf ähnlichem Grundriss sowie dem Betonmaßwerk der Eingängsseite einen Bau von hohem Zeugniswert für neue Entwicklungen im Sakralbau der Zeit. Die sich wiederholenden Rasterwerke der Decke, des Betonmaßwerks (Wabenwände) und des Gitters der Orgelempore bilden neue Ideen in der zeitgenössischen Architektur ab.
Weiterhin sprechen für Erhaltung und Nutzung städtebauliche Gründe. Turm und Apsis-Rundung sind in erhöhter Lage wirkungsvoll inszeniert und bilden den mittleren Akzent der quer verlaufenden Freifläche. HI. Dreifaltigkeit antwortet damit städtebaulich auf den südlichen Akzent des Freiraurns in Gestalt der evangelischen Kirche.
Schließlich liegen für die Erhaltung und Nutzung künstlerische Gründe vor. Hier sind insbesondere die Farbverglasungen zu nennen, die jedoch erst durch die Zusammenschau mit den erhaltenen, raumprägenden Ausstattungsgegenständen wie Altar, Tabernakel aber auch Gestühl ihre Wirkung entfalten.
hier der Bescheid über die Eintragung in die Denkmalliste der Stadt Iserlohn