St. Hedwigkirche, Iserlohn-Nußberg
Die Kirche mit dem besonderen Kreuz
Geschichte
Durch die Folgen des 2. Weltkrieges (Flüchtlingsströme) entstanden im Gebiet Nußberg größere Siedlungen und die Zahl der Katholiken wuchs auf ca. 3000 an. Dies hatte zur Folge, dass die Heilig-Geist-Gemeinde dringend ein religiöses Zentrum am Nussberg brauchte. Am 3. April 1959 wurde von der Stadt Iserlohn ein 15000 qm Grundstück für den Bau einer Kirche mit Pfarrhaus und Kindergarten erworben. Die Planungen wurden den Architekten Franz Vedder und K.H. Vedder aus Menden übertragen. Die Katholiken Iserlohns hatten am 26. Juni 1959 die Freude, dass Pater Adolf Fürstenberg P.A. in der St. Aloysius-Kirche, in seiner Heimatstadt Iserlohn, von Kardinal Jäger zum Bischof geweiht wurde. Nach einem feierlichen Pontifikalamt in der Heilig-Geist-Kirche weihte Bischof Fürstenberg das Kirchengrundstück. Am 23. Dezember 1962 konnte Bischof Fürstenberg, der nach Abschluss der ersten Sitzungsperiode des II. Vatikanischen Konzils für einige Tage in seiner Heimatstadt Iserlohn weilte, die St. Hedwig-Kirche im Auftrage des Erzbischofs von Paderborn feierlich konsekrieren. Als Geschenk fügte er den Altarreliquien des hl. Adeodatus die Reliquien des hl. Carolus von Uganda, des Schutzpatrons der afrikanischen Jugend, bei und wünschte in der Ansprache die Verbindung seiner Heimatgemeinde mit der Mission in Afrika.
Gedanken der Architekten zum Kirchbau
Die Absicht, eine möglichst altarnahe Gemeinde zu erzielen, befürwortete einen quadratischen Raum. Abgewandelt zu einem Sechseck ließ sich das Gestühl leicht v-förmig und damit kontaktinniger stellen.
Um dem Altar seiner Wesensbedeutung nach gerecht zu werden, wurde die strenge Form des Sechsecks durch eine Apsis gelockert. Eine solche Lockerung ist auch dem Taufstein zugebilligt mit einem angefügten Rechteck, zugleich die Eingänge und die Empore aufnehmend. Die zeltförmige Holzdecke schließt den Raum nach oben und weitet ihn doch aus.
Ein stiller Beterwinkel ist seitlich angegliedert, äußerlich mit dem Sakristeianbau korrespondierend.
Für Gruppenfeiern steht die Krypta, die das Gefälle des Grundstückes anbot, zur Verfügung.
Äußerlich sollte die Kirche wie ein Schiff im Schapker-Tal wirken, somit kam sie quer zum Hang zu stehen. Auch der Turm rückte wegen der Hochhäuser an der Nussbergseite an den Talhang.
Konstruktiv tragen eingespannte Stahlbetonstiele freigespannte Holzbinder. Dieses Gefüge wurde dann ausgefacht bzw. eingedeckt.
Franz Vedder, Karl H. Vedder, Architekten BDA, Menden
Sehenswürdigkeiten:
Eine Besonderheit der Kirche ist das Hängekreuz über dem Altar, an dem Christus nicht mehr hängt, sondern seine Arme vom Kreuzesholz gelöst hat und zur Gemeinde ausstreckt. „Vom Kreuze herab will ich die ganze Menschheit an mich ziehen.“ Es soll hier vor allem der triumphierende Christus dargestellt werden, der am Kreuze den Tod besiegt und allen, die an ihn glauben, ewiges Leben schenken will, - der Christus, der am Kreuz nicht mehr als geschundener Leichnam hängt, sondern lebt und Leben schenkt. „Vom Baum des Paradieses kam der Tod, vom Baum des Kreuzes erstand das Leben.“ (Präfation vom Fest Kreuzerhöhung). Diese Darstellungsart Christi am Kreuz wird auch auf die Heilige Hedwig bezogen. In der Vita, der Lebensgeschichte der Heiligen Hedwig wird erzählt, dass sie vor einem Bild des Gekreuzigten tief im Gebet gekniet habe, als Christus vom Kreuz herab sich ihr entgegengeneigt und ihr seine Hände entgegengestreckt habe, um sie zu segnen. (siehe auch mittleres Buntglasfenster in der Seitenkapelle).
(Entwurf: Künstler Dr. Hohmann, Ausführung: polnischer Künstler Dudek)
Die Buntfenster in der Seitenkapelle mit Szenen aus dem Leben der Heiligen Hedwig sind als Einheit mit dem Hängekreuz zu verstehen. (Entwurf: Kunstmaler Hubert Spierling aus Krefeld, Ausführung: Firma Otto Peters, Glasmalerei in Paderborn)
Hedwig wurde 1174 auf Schloss Andechs als Tochter des Grafen Berthold IV. von Andechs-Meranien geboren. Aufgewachsen ist sie bei ihrer Tante im Benediktinerinnenkloster in Kitzingen. 1186 wurde sie mit Herzog Heinrich I. von Schlesien vermählt (Fenster links unten) und unterstützte ihn bei der Kultivierung Schlesiens. Sie rief viele Orden ins Land. Ihr Leben war geprägt von tiefer Religiosität (Fenster Mitte unten, hier betend vor einem Kruzifix mit einer Christusfigur, der die Hände gelöst hat und segnend auf sie schaut), und ihr Lebenswerk von ihrem karitativen und sozialen Wirken für Arme, Kranke und Waisen (Fenster rechts unten). Ihr privates Leben war von persönlichem Leid überschattet: ihr Heimatschloss wurde völlig zerstört, ihre Schwester Gertrud fiel einem Mordanschlag zum Opfer, sechs ihrer Kinder starben, dazu 1238 auch ihr Mann (Fenster links oben). Ihr letzter Sohn, Heinrich II. fiel beim Angriff der Mongolen 1241 in der Schlacht bei Liegnitz - dem heutigen Legnica. (Fenster rechts oben). Nach dem Tod ihres Mannes zog sie sich in das selbst gegründete Zisterzienserinnenkloster Trebnitz (nördlich von Breslau) zurück. Die Heilige Hedwig gilt als Patronin von Berlin, Schlesien, Polen, Krakau und Trebnitz, aber auch als Schutzheilige von Brautleuten (Gedenktag 16. Oktober).
(Fenster links unten) | (Fenster Mitte unten) | (Fenster rechts oben) |
Im Altarblock der Seitenkapelle befindet sich eine Reliquie der Heiligen Hedwig. Diese wurde bei der Flucht 1945 aus Grüssau (Schlesien) zunächst nach Bad Wimpfen in die Benediktinerabtei gebracht. Von dort gelang es nach Oerlinghausen, dem Zentrum des Hedwigswerkes im Erzbistum Paderborn und wurde scgließlich am 18. Oktober 1970 zur dauernden Aufbewahrung und Verehrung der St. Hedwiggemeinde am Nußberg übergeben.
Die Pietà auf dem Altarblock der Seitenkapelle ist ein Geschenk der Gemeinde St. Aloysius in Iserlohn
Die Kirchenfenster spenden dem gesamten Kirchenraum durch ein Leuchten und Strahlen vom warmen Rot über Blau bis zum satten Grün ein sakral gedämpftes Licht. (Entwurf: Kunstmaler Hubert Spierling aus Krefeld, Ausführung: Firma Otto Peters, Glasmalerei in Paderborn).
Der Kreuzweg trägt den Titel „So fromm und doch so froh“. Auf Kupfer geschmolzene Glasstücke in vielschichtigen Farbvariationen prägen den Inhalt jeder der 14 Stationen, ergänzt durch ein Auferstehungsbild als 15. Station (Oberhausener Künstlerin Lore Margarete Lindlar).
Das Taufbecken, neben dem Altar, mit Tauben-Griff zeigt folgende biblische Geschichten dar: die Taufe Jesu (Mt 3, 13 ff.), die Begegnung Jesu mit der Samariterin am Jakobusbrunnen (Joh 4, 5 ff.), die Arche Noah (Gen 7) und die Taufe des Hofbeamten der Königin von Äthiopien durch Philippus (Apg 6, 26 ff.).
Die „Stockmann – Orgel“: Auf zwei Manualen und Pedal sind 15 Register mit 1020 Pfeifen verteilt.
Quellen: Die Geschichte der katholischen Pfarrgemeinde St. Hedwig Iserlohn, Festschrift zur Fünfundzwanzigjahrfeier der Kirche 1987, Herausgeber: Kath. Pfarrei St. Hedwig, Iserlohn, S. 29 ff.
D.H. Klein, Das große Hausbuch der Heiligen, 3. Auflage – Augsburg: Pattloch, 1995, S. 521 ff.
Bilder:
Motiv einer Postkarte
Franz Rzychon
Aleksandra Reichert
Franz Rzychon