Das Leben des Hl. Pankratius
Über das Leben des heiligen Märtyrers Pankratius (von gr. pantokrator = der Herrscher über alles) liegen leider nur sehr wenige historisch gesicherte Informationen vor. Vermutlich starb er um das Jahr 300 im jugendlichen Alter von vielleicht etwa 14 Jahren in Folge der großen Christenverfolgungen der damaligen Zeit, die es unter den römischen Kaisern Diokletian und Valerian gegeben hatte. Es ist schwierig, seine Lebensdaten historisch exakt zu verorten. Bis das Christentum unter Kaiser Konstantin Mitte des 4. Jahrhunderts als Staatsreligion etabliert wurde, hatten viele Kaiser des Römischen Reiches die Christen unnachgiebig verfolgt, besonders auch, weil diese sich weigerten, die traditionell verehrten Götter anzubeten sowie für den Kaiser zu opfern und auch ihn als gottgleich zu verehren.
Viele ausgeschmückte Legenden und Erzählungen über den Heiligen, die ab dem 5. Jahrhundert belegt sind, stellen ihn als Sohn einer sehr wohlhabenden Familie dar. Die am weitesten verbreitete und akzeptierte Legende berichtet Folgendes:
Nach dem frühen Tod seiner Eltern Cleonios und Cyriada war Pankratius demnach mit seinem Onkel Dionysios, unter dessen Obhut er stand, nach Rom gelangt. Dort setzte er einen großen Teil seines Vermögens zur Unterstützung der verfolgten Christen ein. Denn auch der damalige Bischof von Rom, Papst Gaius, musste auf Grund der Verfolgungen im Verborgenen leben, wo er viele Römer durch seine Predigten und Taten zum Christentum bekehren konnte. So hatten sich auch Pankratius und sein Onkel von ihm taufen lassen. Rasch nach dem baldigen Tod seines Onkels wurde allerdings auch Pankratius verhaftet und auf Grund seiner vornehmen Herkunft direkt vor den Kaiser geführt.
Allen Verlockungen zum Trotz bekannte er nach seiner Gefangennahme standhaft den christlichen Glauben gegenüber dem Kaiser, lehnte die Verehrung der alten Gottheiten ab und wurde zur Strafe schließlich in Rom enthauptet. Möglicherweise fiel sein Todestag auf den 12. Mai. Bis zum Ende bekannte er mutig den Glauben und lobte bis zum letzten Atemzug Jesus Christus.
Sein Leichnam, der den Hunden zum Fraß hingeworfen worden war, konnte allerdings von einer engagierten Christin geborgen und beigesetzt werden. Ihm ist seit etwa dem Jahr 500 eine Basilika an der Via Aurelia in Rom geweiht – an der Stelle, an der sich nach alter Überlieferung das Grab befindet. Die alten christlichen Katakomben, die sich schon damals an dieser Stelle befunden haben sollen, sind heute noch von der Basilika aus zugänglich.
Kann man auf Grund dieser spärlichen Informationen überhaupt ernsthaft eine Verehrung dieses Heiligen in der heutigen Zeit rechtfertigen? Klingt das alles nicht nach einem mit Liebe zum Detail erdachten Märchen?
Verehrung des Hl. Pankratius
Wenn die historische Zuverlässigkeit der Legende auch in Zweifel steht, so ist der Verehrung des Hl. Pankratius deswegen aber nicht die Grundlage entzogen: Es ist seit den frühesten Jahrhunderten gesichert, dass er ein auf Grund seines Glaubens verfolgter Märtyrer war, dessen Standhaftigkeit im Glauben Vorbild sein kann. Spätestens im 6. Jahrhundert blühte die Pankratiusverehrung unter Papst Gregor dem Großen (590-604) auf; im Kern ist sie aber – wie beschrieben – schon deutlich älter.
Die Verehrung breitete sich rasch im weiteren europäischen Raum aus, zunächst in Italien, Frankreich und England. In der damaligen Zeit spielte die Reliquienverehrung (sterbliche Überreste der Verstorbenen) eine große Rolle. Durch die Nähe zu den Reliquien von Heiligen war man sich des besonderen Schutzes und der Fürsprache der Heiligen bei Gott gewiss. Hier vermischten sich zuvor heidnische und magisch anmutende Elemente mit christlichen Riten zu neuen Kultformen. So gab Papst Gregor eine Reliquie des Hl. Pankratius einer Gruppe von Missionaren mit, die sich auf den Weg nach England machten.
Pankratius' Beliebtheit im deutschsprachigen Raum beginnt etwas später und geht vermutlich auf den König von Italien und Kaiser des römisch-deutschen Reiches, Arnulf von Kärnten, zurück. Er schrieb die ihm im Jahr 896 geglückte Eroberung Roms der Hilfe des Hl. Pankratius zu. Seine Verehrung ist hierzulande gar nicht selten; über 100 Pfarrgemeinden stehen inzwischen unter dem Patronat des Hl. Pankratius, mehrere auch in Westfalen und im Rheinland.
Verehrt wird der Hl. Pankratius heute noch in einem ganz anderen Zusammenhang als einer der drei bzw. vier Eisheiligen, zusammen mit Servatius und Bonifatius – mancherorts wird auch noch die „kalte“ Sophie hinzugerechnet. Sein (nicht gebotener) Gedenktag wird in der Katholischen Kirche alljährlich am 12. Mai begangen. So gibt es mehrere eher der Jahreszeit als der Person des Heiligen geschuldete Bauernregeln, die den Übergang zwischen Frühling und Sommer mit Pankratius in Verbindung bringen: „Pankratz und Servatius sind zwei böse Brüder“ oder „Wenn’s an St. Pankratius gefriert, wird viel im Garten ruiniert“.
Wichtig ist darüber hinaus sein Patronat für alle Kinder, besonders die Erstkommunikanten sowie gegen Meineid und falsches Zeugnis. Auch um dieses Patronat ranken sich zahlreiche volkstümliche Legenden. Es entwickelte sich außerdem ein reiches Brauchtum mit Prozessionen und Liedern zu Ehren des Heiligen.
In der Kunst wird er oft mit vornehmer Kleidung oder Ritterrüstung, mit Schwert, Märtyrerkrone oder Palme dargestellt.
St. Pankratius als Stadtpatron
In Iserlohn ist Pankratius der Schutzpatron der Stadt. Die heute evangelische Kirche, die allgemein als „Bauernkirche“ bekannt ist, ist die älteste Kirche Iserlohns und bildete die ursprüngliche Mitte der ersten Ansiedlung. Sie wurde vermutlich im Jahr 985 geweiht und steht ebenfalls unter dem Patronat des Hl. Pankratius. Bis zur Reformation war sie Pfarrkirche. Von der ursprünglichen romanischen Kirche ist noch der mächtige Turm erhalten.
Im Stadtwappen von Iserlohn ist der Hl. Pankratius mit einem Schwert in der Hand zu sehen, vor dem Hintergrund zweier mächtiger Türme, die die Stadtbefestigung symbolisieren. Durch das Schwert hatte er den Tod gefunden und war als Märtyrer gestorben. Ursprung dieses Wappens ist eine Darstellung am Chorgestühl der Obersten Stadtkirche. 1913 wurde es als Stadtwappen Iserlohns übernommen und nach der Gebietsreform von 1975 auf das neue Stadtgebiet übertragen.
In Iserlohn ist der Hl. Pankratius auch Patron des Altenheims am Dicken Turm, des Naturkindergartens am Hohler Weg und des 2015 neu errichteten Forum St. Pankratius.