Brief des Erzbischofs Dr. Udo Markus Bentz vom 28. September 2024 an die Gemeinde St. Josef zum 50jährigen Bestehen

03.10.2024 – Gerade in der Diaspora müssen wir mutig sein, immer neu weitere Gläubige gewinnen zu wollen, die im alltäglichen Leben dann selbst zu Zeugen der Frohen Botschaft werden. (Anders Kardinal Arborelius, Stockholm)

Liebe Schwestern und Brüder!

Vor 50 Jahren, am 28. September 1974, wurde die St. Josef-Kirche vom damaligen Weihbischof von Paderborn, Dr. Paul Nordhues, geweiht.

Dieses besondere Jubiläum werden Sie nun mit großer Freude begehen.Ich möchte Sie dazu sehr herzlich beglückwünschen und wünsche allenGemeindemitgliedern und auch Ihren Gästen Gottes reichen Segen!

Bewusst habe ich an den Anfang meines kleinen Grußwortes ein Zitat von Anders Kardinal Arborelius gesetzt, des Bischofs von Stockholm. Kardinal Arborelius ist ein Mann der Diaspora. In seinem Bistum liegt der Katholikenanteil bei nur etwa 1,5 % der Gesamtbevölkerung. Und er ist ein Mensch voller Glaubensfreude und Zuversicht, so wie es mit ihm viele katholische Christinnen und Christen in Nordeuropa sind! Die Kirche in der Diaspora ist eine Kirche im Aufbruch.

Diaspora ist immer dort, wo die katholischen Christinnen und Christen – oder zunehmend: überhaupt alle Christen – eine Minderheit unter Anders- oder Nichtglaubenden bilden. Und das gilt auch für Iserlohn:

Nur etwa 17 % der Gesamtbevölkerung sind noch katholisch, und die Zahlen gehen weiter zurück. Auch die Gemeinden in Iserlohn sind Diaspora, wenn auch nicht in dieser extremen Form wie in Skandinavien oder wie bei uns in den neuen Bundesländern. Für den früheren Papst Benedikt XVI. war die Diaspora der eigentliche Normalfall der Christinnen und Christen in der Welt.

Wir erkennen heute, dass das Christsein nicht mehr als selbstverständliches „Erbe“ ganzer Regionen oder sogar Kontinente genommen wird, sondern dass es oft eine bewusste Entscheidung des Einzelnen braucht, ob er einer Kirche angehören will. Fast 80% der Mitbürgerinnen und Mitbürger in Ostdeutschland sind z.B. heute nicht mehr getauft. Die Diaspora geht oft quer durch die Familien. So erleben sich manche Ältere in einer Art „emotionaler Diaspora“, weil ihre Kinder und Enkel nicht mehr selbstverständlich im Glauben und in der Kirche leben.

Aber bei alldem sollten wir gar nicht immer so pessimistisch sein. Es gibt bereits sichtbare Zeichen des Wandels und der Erneuerung. Das habe ich auch bei meinem Dekanatsbesuch erst vor wenigen Woche im Märkischen Sauerland erfahren dürfen.

Mehr denn je kommt es auf das persönliche und lebendige Zeugnis jedes einzelnen und jeder einzelnen von uns an. Wenn wir uns nicht verstecken und unseren Glauben offen, sympathisch und authentisch leben, „Mut zum Kirche sein“ haben, wie der Theologe Karl Rahner sagte, dann wird uns Gott an Orten erwarten, an denen wir es vielleicht nicht für möglich gehalten hätten. Das ist die große Chance gerade auch der wachsenden Diaspora.

Für all Ihren Einsatz danke ich Ihnen daher von Herzen!

Meine Segenswünsche begleiten Sie, Ihre Angehörigen, Freundinnen und Freunde und Wegbegleiterinnen und Wegbegleiter! Bleiben sie alle behütet und in der Freude!

In froher Verbundenheit Ihr

Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz